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Vertane Chancen

Diese Kreistagssitzung war eine der anstrengendsten, die ich je erlebt habe. Beim Tagesordnungspunkt „Weisungsbeschluss: keine vorschnelle Verwirklichung der Projekte der Revis und Kaskum im c-port“ habe ich in meinem Redebeitrag das Verhalten v.a. des Landkreises in der bisherigen Entwicklung der Projekte kritisiert und sechs vertane Chancen aufgezeigt:

1. In der Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses Ende Februar haben wir das Thema „Gülle und Technik“ auf die Tagesordnung setzen lassen und Anfragen dazu gestellt. Die Anfragen wurden zwar beantwortet, aber die Projekte im c-port wurden nicht angesprochen, obwohl sie schon öffentlich bekannt waren.

2. Zu einer Informationsveranstaltung Anfang März wurden nur die Räte aus Friesoythe und dem Saterland und die örtlichen Kreistagsabgeordneten eingeladen. Nach unserem Politikverständnis sind alle Kreistagsabgeordneten für die Angelegenheiten im Kreis zu beteiligen.

3. Eine geplante Planungs- und Umweltausschusssitzung im Juni wurde ersatzlos gestrichen. Dieser Fachausschuss hätte ein Forum bieten können für eine sachliche Auseinandersetzung zur Thematik des Nährstoffüberschusses in unserem Landkreis. Meine Intervention beim Landrat für eine Sitzung war leider erfolglos und so ist der Geist des Misstrauens aus der Flasche und die Diskussion um die Ansiedlung von zwei Projekten im c-port verschärft sich immer mehr v.a. in den sozialen Medien.

4. Am 9.6. wurde der Verkauf der Grundstücke an die Investoren durch den Verbandsausschuss des c-ports beschlossen, obwohl über Weisungsbeschlüsse im Saterländer Rat und im Kreistag noch nicht abschließend beschlossen wurde. Das zeugt von Verachtung der parlamentarischen Gremien.

5. Die von den Grünen geforderte Einwohnerbefragung im Saterland wurde abgelehnt. Ebenso gibt es keine Einwohnerbefragung in Friesoythe. Diejenigen, die die Konsequenzen der geplanten Anlagen zu tragen haben, sollen nicht dazu befragt werden.

6. Aufgrund der zunehmenden Unruhe in der örtlichen Bevölkerung plant ein Investor einen Runden Tisch. Er braucht für sein Projekt Ruhe und die Unterstützung der Landwirte durch langfristige (10 Jahre) Lieferverträge. Dieser Runde Tisch soll sein Genehmigungsverfahren begleiten. Er ist allerdings nicht ergebnisoffen angelegt und wird auch nicht neutral moderiert werden. Dieses wäre eine Aufgabe des Landkreises gewesen, der damit die sechste Chance vertan hat.

Es gibt bis jetzt keine offiziellen Informationen des Landkreises weder an die Kreistagsabgeordneten noch an die Öffentlichkeit, denn der Landkreis fährt die Strategie, dass es sich bei den Projekten im c-port um normale Grundstücksgeschäfte handelt. Mit der Ablehnung des Weisungsbeschlusses durch die überwältigende Mehrheit des Kreistages (nur 4 Stimmen dafür) wird das Signal ausgesandt: Der Kreistag interessiert sich nicht für die Entwicklung und lässt die Vertreter im Verbandsausschuss allein entscheiden.

Auch der ablehnende Beschluss zu unserem Antrag auf Unterstützung der Initiative des Bundeskabinetts auf Verbot der Werkvertragsarbeit ist eine vertane Chance. Bundesweit wird die Initiative von allen Parteien und vielen Verbänden und selbst von der Fleischbranche unterstützt. Nur im Cloppenburger Kreistag wird die Forderung als populistisch gebrandmarkt. Meine Entgegnung dazu, dass mir die Bundeskanzlerin noch nie als Populistin aufgefallen ist und dass diese Initiative auch vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestages als rechtlich möglich eingestuft wurde, konnte die CDU nicht überzeugen. Sie brachte eine eigene Resolution zu diesem Thema ein, in der sie die Werkverträge nicht verbieten, sondern nur einschränken will.

In beiden Beschlüssen erweist sich die örtliche CDU als Unterstützer des bisherigen Systems der industriellen Landwirtschaft mit all seinen schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt, die Landwirtschaft, die Arbeitsbedingungen und die Tiere.

Dr. Irmtraud Kannen

Cloppenburg, den 23.7.2020

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