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Anfrage - „Information über die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise“

Anfrage an das Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport - Kommunalaufsicht / Bitte um kommunalaufsichtliche Prüfung

20.03.18 –

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
als Gruppe Grüne/UWG im Kreistag des Landkreises Cloppenburg möchten wir Sie herzlich um eine kommunalaufsichtliche Prüfung des folgenden Sachverhalts bitten:

I. Mit Schreiben vom 22.01.2018 richtete die Gruppe Grüne/UWG im Kreistag des Landkreises Cloppenburg eine Anfrage gem. § 56 NKomVG mit dem Titel „Information über die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise“ an den Landrat des Landkreises Cloppenburg (Anlage 1). Mit Schreiben vom 16.03.2018, hier eingegangen am 20.03.2018, reagierte der Landrat auf die Anfrage (Anlage 2), da die entsprechende Sitzung, für die die Beantwortung erbeten wurde, vom Landrat nicht einberufen worden ist. Die Antwort des Landrates bzw. die Verweigerung einer Antwort auf unsere Anfrage verletzt nach unserer Auffassung unser Auskunftsrecht aus § 56 NKomVG.

II. Gem. § 56 S. 2 NKomVG kann jede oder jeder Abgeordnete zur eigenen Unterrichtung von dem Hauptverwaltungsbeamten Auskünfte in allen Angelegenheiten der Kommune verlangen. Festzuhalten ist, dass der Landrat keine der gestellten Fragen inhaltlich beantwortet hat. Insofern handelt es sich in der Sache um die Verweigerung einer Antwort. Für eine solche Verweigerung müssen nach unserer Rechtsauffassung sehr hohe Hürden erfüllt sein.

III. Zur Bedeutung des Auskunftsrecht für Kreistagsabgeordnete sei auf die Rechtsprechung des OVG Lüneburg verwiesen: „Das Auskunftsrecht der Ratsfrauen und Ratsherren zum Zwecke der Unterrichtung ist - wie der Informationsanspruch von Abgeordneten gegenüber der Landesregierung […] - Ausfluss der Mitgliedschaft im (Kommunal-) Parlament, dem im demokratischen Rechtsstaat vor allem die Aufgabe zukommt, an der Gesetzgebung mitzuwirken und die Kontrolle über die Exekutive auszuüben […]. Dem Ratsmitglied kommen - ebenso wie dem Abgeordneten im Landtag - aufgrund seines Mandats das Recht und die Pflicht zu, eigenverantwortlich an den Aufgaben mitzuwirken, die der Rat - bzw. das Parlament - zu erfüllen hat. Zu einer effektiven Wahrnehmung der Aufgaben, mit denen Ratsmitglieder und Parlamentarier vom Wähler beauftragt sind, in Gemeinderat bzw. Landtag sowie in deren Ausschüssen sind Ratsmitglieder ebenso wie Parlamentarier auf Landesebene angesichts der Vielzahl und Komplexität der dort zu beurteilenden Gegenstände auf Informationen aus dem Bereich der Verwaltung angewiesen“ (OVG Lüneburg, Urteil vom 03.06.2009, Az. 10 LC 217/07, Rn. 61).

IV. Der Landrat führt zur Begründung für die Verweigerung der Antwort an: „Ihre Anfrage kann nicht im Detail beantwortet werden. Der Arbeitsaufwand würde ein Ausmaß erreichen, der unserer Ausländerbehörde nicht zugemutet werden kann und in der Folge nicht leistbar ist. Der Landkreis Cloppenburg hat seit Inkrafttreten des Rückführungserlasses insgesamt 563 Abschiebungsersuchen an das Niedersächsische Landeskriminalamt gestellt. Da statistisch nicht erfasst wird, bei welchen der betroffenen Ausländern Klage sowie ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die negative Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge erhoben bzw. gestellt wird, müsste jeder Vorgang der betroffenen Ausländer händisch dahingehend überprüft werden.“

Diese Begründung ist unzureichend: „Es steht außer Frage, dass die Verwaltung ihre Arbeitskraft (auch) in den Dienst der Abgeordneten zu stellen hat. Das Argument des ,Mehraufwands‘ ist daher ohnehin nicht zulässig“ (VG Braunschweig, NVwZ-RR 2013, 731 [733]; ebenso Mehde, in: BeckOK Kommunalrecht Niedersachsen [Stand: 01.02.2018], NKomVG, § 56 Rn. 20). Festzuhalten ist daher, dass „bislang eine Belastungsgrenze, die nicht überschritten werden darf, nicht anerkannt [ist]“ (Mehde, in: BeckOK Kommunalrecht Niedersachsen [Stand: 01.02.2018], NKomVG, § 56 Rn. 20).

Die Abgeordneten sind zudem auch auf Informationen aus der Verwaltung angewiesen, die bisher noch nicht statistisch erfasst wurden und die eine händische Auswertung von Verwaltungsvorgängen erforderlich machen. Andernfalls könnte die Verwaltung mit der Entscheidung über die statistische Erfassung von bestimmten Eigenschaften von Verwaltungsvorgängen die Grenze des Auskunftsrechts der Abgeordneten definieren. Dies würde jedoch dem Sinn des Auskunftsrechts zuwiderlaufen.

V. Die angefragten Informationen betreffen einen Gegenstand von erheblicher kommunalpolitischer Relevanz: Am 23.08.2017 fand sich auf der Titelseite der Nordwest-Zeitung die Schlagzeile „Keiner schiebt mehr ab als Cloppenburg“. In dem Artikel heißt es unter anderem: „Keine Kommune im Land Niedersachsen schiebt mehr ausreisepflichtige Ausländer ab als der Kreis Cloppenburg. [...] Während man in anderen Kreisen auf freiwillige Ausreisen setzt, geht man in Cloppenburg rigoroser vor“.

Die Gruppe Grüne/UWG erreichen regelmäßig Beschwerden über ein zu hartes Vorgehen der Cloppenburger Ausländerbehörde. Im Jahr 2016 hat die Gruppe Grüne/UWG im Rahmen einer Akteneinsicht Hinweise gefunden, dass die Ausländerbehörde eine Ausländerin in einem Fall nicht ausreichend über die Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise informiert hat. Vorausgegangen waren öffentliche Vorwürfe des Rechtsanwalts der Ausländer_innen in besagtem Fall, die ein erhebliches Echo in der örtlichen Presse (z.B. Münsterländische Tageszeitung vom 11.11.2016, 14.11.2016, 25.11.2016, 07.12.2016, 08.12.2016, 10.12.2016, 06.01.2017, 21.01.2017 und Nordwest-Zeitung vom 14.11.2016, 15.11.2016, 17.11.2016, 25.11.2016, 07.12.2016, 10.12.2016) hervorriefen. Die Kreisverwaltung hat Fehler stets geleugnet. Mit der gegenständlichen Anfrage möchte die Gruppe Grüne/UWG herausfinden, ob die Cloppenburger Ausländerbehörde auch sonstige Ausländer_innen nicht ausreichend über die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise informiert.

VI. Hilfsweise machen wir ferner geltend, ohne die diesen Annahmen zugrundeliegende Rechtsauffassung anzuerkennen:

1. Selbst wenn man annehmen würde, dass die Verwaltung die Anfrage nicht vollständig beantworten müsste, wäre es jedenfalls erforderlich gewesen, dass die Verwaltung die Anfrage teilweise beantwortet hätte (etwa durch Verkürzung des Zeitraumes oder durch Verzicht auf Aufschlüsselung nach Monat der Abschiebungsersuchen, Nationalität und Alter). Die ergänzenden Ausführungen des Landrates beschränken sich jedoch auf allgemeine Aussagen zum Verfahren und der Behauptung, dass man stets rechtmäßig handele: „Jeder Ausländer, der zum ersten Mal eine Duldungsbescheinigung erhält, wird durch die Ausländerbehörde über die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise und über entsprechende Förderungsmöglichkeiten beraten. Lediglich in Einzelfällen, in denen ein Ausländer z. B. zum Ausdruck bringt, keinesfalls freiwillig ausreisen zu wollen, wird auf eine Belehrung verzichtet. Ebenso wird vor Stellung eines erneuten Abschiebungsersuchens auf eine weitere Belehrung verzichtet, wenn eine Abschiebung zuvor gescheitert ist. In jedem Fall wird der geltende Rückführungserlass beachtet und nur in Fällen, die im Rückführungserlass so vorgesehen sind, wird auf eine Belehrung zur freiwilligen Ausreise verzichtet. Der Landkreis Cloppenburg stellt somit sicher, dass sämtliche ausreisepflichtigen Ausländer - wie im Rückführungserlass vorgesehen - die Möglichkeit erhalten, ihre Ausreise eigenständig und ggf. gefördert selbst zu organisieren.“ Dem widersprechen zum einen bereits die Hinweise, die wir im Rahmen der oben genannten Akteneinsicht fanden. Zum anderen handelt es sich hierbei lediglich um pauschale Aussagen, die nicht geeignet sind, die angefragten Informationen auch nur im Ansatz zu ersetzen. Denn diese Aussagen basieren erkennbar und ausdrücklich nicht auf einer Auswertung der in der Vergangenheit bearbeiteten Einzelfälle, sondern stellen eine Zielvorgabe dar.

2. Selbst wenn man annehmen würde, dass die Verwaltung die Anfrage nicht vollständig oder gar nicht beantworten müsste, wäre eine tiefergehende Begründung für die Verweigerung zu verlangen. Die bloße Behauptung, dass „[der] Arbeitsaufwand [...] ein Ausmaß erreichen [würde], der unserer Ausländerbehörde nicht zugemutet werden kann und in der Folge nicht leistbar ist“ unter der Nennung einer händisch auszuwertenden Anzahl an Verwaltungsvorgängen, wäre keinesfalls ausreichend. Der Landrat hätte detailliert darzulegen, warum jegliche darüberhinausgehende Auskunft nicht mit der „Funktions- und Arbeitsfähigkeit seiner Verwaltung“ (Blum, in: Blum et al., NKomVG, § 56 Rn. 9) in Einklang zu bringen wäre. Ansonsten ist es für die Kreistagsabgeordneten unmöglich zu bewerten, ob die für die Begründung der Verweigerung angeführten Behauptungen zutreffen.

VII. Im Ergebnis ist folglich unseres Erachtens eine Verletzung unseres Auskunftsrechts aus § 56 NKomVG anzunehmen. Es ist leider nicht zu erwarten, dass der Landrat von sich aus seine Verweigerung korrigieren wird.

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

Fabian Wesselmann, Dr. Irmtraud Kannen, Ulla Thomée

 

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