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19.06.25 –
Liebe Gäste, liebe Freund*innen von Kunst und Kultur,
Bürgermeister Varnhorn hat vorhin von einer „Vision“ gesprochen, die sich erfüllt habe. Und auch ich kann’s kaum glauben – 10 Jahre haben wir jetzt schon diesen wunderbaren Kulturbahnhof!
10 Jahre Musik, Theater, Literatur, Kabarett, bildende Kunst, Poetry-Slam und, und, und ... – alles auf hohem und höchstem Niveau – und mit Gleisanschluss!
Ein großes Dankeschön an alle, die das hier möglich gemacht haben! Was wären wir Cloppenburger heute ohne unseren Bahnhof, dieses „Kleinod mit großer Strahlkraft“ – Herzstück der Kunst und Kultur in unserer Stadt und weit darüber hinaus.
Ich verneige mich in Respekt vor allen, die sich über Jahre in ehrenamtlicher Arbeit für dieses Projekt stark gemacht und gekämpft haben. Zuvorderst – der BM hat´s schon gesagt – Antonius „Toni“ Bösterling, der damals als Mitglied im Vorstand des Kulturforums den Anstoß gab und Dr. Klaus Weber von seiner Idee begeistern konnte.
Überhaupt: dass Klaus Weber seinerzeit Vorsitzender war, war ein Glücksfall. Ohne seinen Gestaltungswillen, ohne seine Standfestigkeit – und wohl auch ohne seine Leidensfähigkeit – hätte das alles nicht funktioniert. Denn – wie bereits gehört – stieß die Idee des Kulturbahnhofs – heute für uns kaum vorstellbar – anfangs bei vielen auf Skepsis und Unverständnis: „Wat shall dat? Bruuk wi nich!“
Auch daran zu erinnern sei nach 10 Jahren von kommunal-politisch-historischer Bedeutung. Befand jedenfalls der Vorstand, der mich deshalb bat, heute noch einmal den Blick auf diese heiklen Startbedingungen zu werfen.
Tatsächlich war der Wunsch nach einem weiteren Kultur-Domizil in Teilen der Stadtgesellschaft nur schwer vermittelbar. Manche Zeitgenoss*innen sahen (und sehen wohl auch heute noch) ihr Bedürfnis nach Kultur mit der „Starparade der Volksmusik“ und den „Amigos“ hinreichend befriedigt. Die sagten dann: "Wir haben doch die Stadthalle!"
Und weil der Stadtrat ein Spiegelbild der Gesellschaft ist, waren auch hier die Bedenkenträger schnell zur Stelle: das Gebäude sei in einem zu schlechten Zustand, der Denkmalschutz wäre problematisch, das Vorhaben könne sicherlich an anderer Stelle mit einem Neubau wesentlich günstiger realisiert werden, ohnehin sei ein Standort in der Stadtmitte sinnvoller, auch gäbe es genügend andere Räumlichkeiten für derartige Veranstaltungen und außerdem fehle einfach das Geld.
Klar ging es auch um Geld - viel Geld. Um zu viel Geld, wie manche meinten.
Und beim Geld hört ja der Spaß bekanntlich auf.
Also, wie war das mit dem Geld? Die projektierten Gesamtkosten für die Umwandlung des Bahnhofs in einen "Kulturbahnhof" betrugen rund 2,2 Mio. €. Die Stadt sollte 1,1 Mio. davon tragen. Damit wäre der mit 1,7 Mio. Euro veranschlagte 1. Bauabschnitt gesichert und man könne unverzüglich loslegen. Die Kunsthalle sollte nach Einwerben weiterer Spenden und Fördermittel später folgen.
Die Opposition aus SPD, Grünen und UWG stimmte zu und stellte einen entsprechenden Antrag. CDU, FDP und Zentrum wollten allerdings nur 50 % der Kosten, also 850.000 € (statt 1,1 Mio.) für den 1. Bauabschnitt gewähren. Und so fand unser Antrag in der Sitzung des Verwaltungsausschusses erst einmal keine Mehrheit und fiel durch.
Wir waren entsetzt: Klaus Weber versicherte uns, dass die Baumaßnahme so nicht in Angriff genommen würde. In einem Exposé zum Projekt stand es so: „Sollte der beantragte Zuschuss von 1,1 Mio. Euro nicht für die erste Bauphase verwendet werden dürfen, muss man das Projekt als gescheitert ansehen.“
Jetzt war Holland in Not. Das ganze Vorhaben hing „am seidenen Faden“.
Glücklicherweise hatten erst kurz zuvor Kommunalwahlen stattgefunden, und es gab viele neue Kolleg*innen – aufgeschlossen und eventuell noch nicht optimal in die Fraktionsdisziplin eingepflegt. Darin sahen wir zumindest eine gewisse Chance ...
Der Showdown kam schließlich in einer denkwürdigen Ratssitzung im Februar 2012. Ich durfte für unsere Seite die Forderungen begründen:
- Erhalt des denkmalgeschützten Bahnhofs,
- Schaffung einer Spielstätte für Kleinkunst, Musik und Theater, und das Ganze
- verknüpft mit einer attraktiven Ausstellungshalle für bildende Kunst.
Der Vorschlag der anderen Seite sei in Wahrheit ein „in warme Worte gekleideter Verhinderungsbeschluss“ und eine „Beerdigung erster Klasse für den Kulturbahnhof“. Wer ein neues, spannendes Kulturleben in unserer Stadt wolle, müsse den Mut aufbringen, auch gegen die Mehrheitsmeinung der eigenen Fraktion zu stimmen.“ Das war frech. Aber notwendig, fand ich.
Die MT wusste im Anschluss zu berichten, dass sich die CDU gegen einen pauschalen Zuschuss von 1,1 Mio. Euro aussprach und zitiert den Sprecher der FDP/Zentrum-Gruppe wie folgt: „Wir möchten einen Kulturbahnhof, aber nicht um jeden Preis“.
Ich vermute, es lag an unseren besseren Argumenten und an der geheimen Abstimmung (dem alten Trick aus dem Werkzeugkasten der Opposition): das Ergebnis war am Ende rundum beglückend: 19 zu 17 für unseren Antrag!
Der Weg für den Bahnhof war frei!
Die Unterlegenen waren weniger beglückt: bei den folgenden Haushaltsberatungen warnte der CDU-Fraktionschef davor, nach dem Motto „Freibier für alle“ mit städtischen Geldern um sich zu werfen, verzichtete auf seine vorbereitete Stellungnahme zum Etat und kündigte an, die Zustimmung zu verweigern.
Fun Fact: Der Haushalt 2012 wurde daraufhin – erstmalig und einmalig in der Geschichte der Stadt – gegen die Stimmen der CDU von der Opposition beschlossen! Verkehrte Welt in Cloppenburg!
Oder endlich richtige – je nach Sichtweise …
So war das damals, vor 13 Jahren. Heute sind die Debatten von damals längst Geschichte. Niemand spricht mehr darüber (außer mir, wenn man mich darum bittet).
Heute sind wir gemeinsam – und zu Recht – stolz auf diesen Kulturbahnhof als Aushängeschild unserer Stadt, auf seinen Charme, auf die lichtdurchflutete Ausstellungshalle, auf die gelungene architektonische Verbindung von „Alt“ und „Neu“. Wir blicken auf 10 erfolgreiche Jahre großartiger Kulturarbeit und freuen uns über deutlich mehr als 10.000 Gäste jährlich – bei weiterhin steigender Tendenz.
Wie konnte das alles gelingen? Natürlich durch engagierte Menschen, die an das Projekt geglaubt haben. Und an glücklichen Umständen:
- wir hatten ein funktionierendes Kulturforum, das Doris Ostendorf und dann Klaus Weber als erste
Vorsitzende bereits zu einem soliden Trägerverein geformt hatten,
- wir hatten Glück, dass sich die Bahn damals von ihren alten Bahnhöfen trennen wollte und wir ihn
günstig erwerben konnten,
- wir hatten mutige, entscheidungsfreudige Ratsmitglieder,
- wir hatten und haben einen engagiert arbeitenden Förderverein,
- wir haben in Mechthild Antons eine Vorsitzende, die die Arbeit von Klaus Weber seit 2016 mit
Herzblut fortführt,
- und wir hatten und haben kluge, motivierte und engagierte Menschen, die immer wieder mit tollen
Acts den Bahnhof zum Leben – und manchmal auch zum Beben – bringen.
Und noch jemanden gibt es, den ich einen Glücksfall nenne: Peter Blase, der als Musiker und mit seiner Verankerung in der Szene nicht nur der Kneipe seinen Stempel aufgedrückt, sondern auch seine Expertise als Veranstalter eingebracht hat.
Ich bin überzeugt, dass der Kulturbahnhof auch in den nächsten Jahren nichts von seiner Strahlkraft einbüßen wird und dass er gebraucht wird für die kulturelle Grundversorgung. Von uns allen. Als Ort der künstlerischen Freiheit. Gerade in Zeiten, in denen diese Freiheit wieder von ganz Rechtsaußen angegriffen wird.
Ja, Kunst und Kultur sind frei, müssen frei sein und frei bleiben, dürfen auch irritieren und provozieren. Sie schaffen gerade dadurch den Raum für den Diskurs und fruchtbaren Streit, von dem unsere Demokratie lebt.
Der russische Autor Sergej Lebedew hat kürzlich gesagt: "Man spricht nicht umsonst von 'politischer Kultur'. Politik und Kultur gehören zusammen; die Fähigkeit, andere zu sehen, anzuerkennen und zu integrieren, ist die Aufgabe von Kultur (...). Alle Politik leitet sich davon ab."
Auch wir in der Kommunalpolitik brauchen also die Kultur.
Und die Kunst.
Aber manchmal brauchen Kunst und Kultur eben auch die Kommunalpolitik.
In diesem Sinne ...
Alles Gute unserem Kulturbahnhof!
Michael Jäger
19.6.2025
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