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Haushalt der Stadt nicht zukunftsfähig

14.12.08 – von Michael Jäger –

Die Fraktion im Stadtrat hat den Haushalt 2009 als nicht zukunftsfähig abgelehnt. In seiner Haushaltsrede begründete Fraktionssprecher Michael Jäger die Ablehnung u.a. damit, dass in Cloppenburg "nicht Grüne Weitsicht regiere, sondern christdemokratische Besitzstandswahrung herrsche." Die Rede im Wortlaut:

Die Fraktion im Stadtrat hat den Haushalt 2009 als nicht zukunftsfähig abgelehnt. In seiner Haushaltsrede begründete Fraktionssprecher Michael Jäger die Ablehnung u.a. damit, dass in Cloppenburg "nicht Grüne Weitsicht regiere, sondern christdemokratische Besitzstandswahrung herrsche." Die Rede im Wortlaut:

Anrede,
als wir, die Fraktionsvorsitzenden, kürzlich in kleinem Kreise mit dem BM zusammen saßen, machte Herr Schröer eine wundersame Bemerkung: er müsse mit seiner Fraktion ja wohl auch diesen HH wieder alleine tragen. Das klang ein bisschen wie ein Vorwurf, ja, sogar nach Kränkung. Was ich nun irgendwie lustig fand. Ich wäre nämlich ziemlich beglückt, hätte meine Bündnisgrüne Fraktion hier die Mehrheit und könnten wir die Politik im Rat tatsächlich maßgeblich mitbestimmen.

Und dann habe ich mich gefragt, wie wohl eine HH-Rede klingen würde, die ich als Sprecher einer Grünen MEHRHEITSfraktion hielte. Was wäre dann wohl anders? Wie würde eine Grüne Ratsmehrheit die Politik in Cloppenburg verändern?
So will ich jetzt mal versuchen, eine solch Rede zu skizzieren. Denn auch so lässt sich der vorgelegte HH-Enrwurf aus oppositioneller Sicht kommentieren. Also: hätten wir hier im Rat die Mehrheit, könnte ich jetzt z. B. folgendes sagen:

Anrede,
nachdem uns die Wählerinnen und Wähler 2006 das Vertrauen geschenkt und uns zur stärksten Fraktion gemacht haben, konnten wir einige Prioritäten neu setzen und liegengebliebene Aufgaben angehen. So haben wir etwa die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten wieder hauptamtlich eingerichtet und kompetent besetzt. Es hatte sich gezeigt, das die Ehrenamtlichkeit, auf die die Tätigkeit zu CDU-Zeiten beschränkt worden war, der Fülle der Aufgaben nicht gerecht werden konnte. Mit der Einbindung der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten in das neu geschaffene Amt für Gleichstellung und Integration und mit entsprechender finanzieller Ausstattung haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Beauftragte durch intensive Öffentlichkeitsarbeit und vielfältige Aktivitäten heute zur unverzichtbaren Anlaufstelle für viele Bürgerinnen und Bürger geworden ist. Dem neu geschaffenen Amt ist u.a. auch der städtische Streetworker zugeordnet, nachdem der Rat nach langer und intensiver Diskussion Art und Umfang seines Einsatzes und das zu Grund liegende Konzept beschlossen hat. In enger Kooperation mit der Gleichstellungsbeauftragten und dem AK Integration konnte so u.a. auch das zuvor gescheiterte „Küchenboxerprojekt“ endlich vom Kopf auf die Beine gestellt werden.

Wir haben in diesem HH die Stelle des Stadtmanagers neu geschaffen. Wir machen damit eine Fehlentscheidung der früheren CDU-Mehrheit aus dem Jahr 2004 rückgängig, die seinerzeit trotz hervorragender Bewerber und eines teuren Bewerbungsverfahrens die Stelle eines Wirtschaftsförderers im Stellenplan gestrichen und auf vorhandenes Personal aufgeteilt hat. Nichts gegen die Herren Rump und Kalvelage – aber die „MITbearbeitung“ der Aufgabenbereiche Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing ist nicht das, was wir für die Stadt wollen! Und wenn man weiß, dass bereits 2006 der städtische Zuschuss für die CM-Marketing erneut erhöht werden musste, um eine sog. „Stadtmarketing-Assistentin“ einzustellen, und wenn man weiß, dass Herr Rump wegen Arbeitsüberlastung seine Aufgaben schon längst nicht mehr erfüllt, dann weiß man auch eines ganz sicher: Es war Murks, was die CDU da seinerzeit beschlossen hatte.

Wir halten einen qualifizierten Stadtmanager für unverzichtbar, auch im Hinblick darauf, dass mit der Cloppenburger Dachmarke umfassende Öffentlichkeitsarbeit und organisatorische Leistungen zu erbringen sind, die kompetent strukturiert werden müssen – übrigens auch zur Entwicklung der Submarken. Dass wir diese Schritte ohne die Zustimmung der DCU/FDP-Opposition gehen müssen, bedauern wir, hält uns aber nicht davon ab, das Richtige zu tun.

Es wird Sie nicht verwundern, dass wir unserer Verantwortung für Umwelt- und Klimaschutz nicht ausweichen und daher eine Reihe von Initiativen angestoßen haben, die in diesem HH ihren Niederschlag finden. So tritt z.B. das Förderprogramm, dass wir 2007 angeregt hatten, am 1. 1. 2009 in Kraft. Danach fördert die Stadt den Bau von Solarkollektoranlagen zur Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung sowie Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung mit Zuschüssen. Wir fördern damit zugleich die in diesem Bereich tätigen Betriebe und erfüllen eine wichtige Vorbildfunktion.
Zudem hat der Rat die Einsetzung einer „Arbeitsgruppe Stadtökologie“ beschlossen, bestehend aus Mitgliedern der Fraktionen, der Stadtverwaltung und anerkannten Umwelt- und Naturschutzverbänden. Diese Gruppe wird im kommenden Jahr Vorschläge zur Ressourcenschonung, Energieeinsparung und zum technischen Umwelt- und Klimaschutz vorlegen. Haushaltsmittel für externe Beratung stehen deshalb in diesem Haushalt erstmalig zur Verfügung.

Wir werden weiterhin dafür sorgen, dass die Kinderbetreuung und das Bildungssystem zügig ausgebaut werden. Dazu gehört auch, dass das Mittagessen in Ganztagsschulen für alle Kinder bezuschusst wird, und nicht, wie von der CDU gefordert, nur bei Kindern von Sozilhilfeempfängern. Wir wollen im kommenden Jahr die Einrichtung einer IGS voranbringen, weil dieses der zukunftsfähigste Schultyp ist. Übrigens: überall dort, wo die CDU nicht seit Jahrzehnten regiert hat, geht es den Eltern diesbezüglich besser: Oldenburg beispielsweise muss gerade die dritte IGS planen, weil die beiden bestehenden aus allen Nähten platzen.

„Cloppenburg. Klein. Stadt. Groß.“ Dieser Claim unserer Dachmarke gilt hier besonders: Bei der Bildung ist unsere kleine Stadt ganz groß!

Die nicht unerheblichen Mehrausgaben und -belastungen durch die genannten Veränderungen gleichen wir aus durch Umschichtungen – also entsprechende Kürzungen und Streichungen. So haben wir in langen und zähen Verhandlungen mit dem LK und den beteiligten Kommunen erreicht, dass Projekt Ecopark so weit zurück zu fahren, dass der jährliche Zuschuss der Stadt um zunächst 200.000 Euro reduziert werden kann. Gänzlich gestrichen haben wir die Südtangente und den Zuschuss zu den Planungskosten für den 4-spurigen Ausbau der B233. Beide Maßnahmen sind verkehrspolitisch zweifelhaft und umweltpolitisch schädlich.

Und natürlich haben wir den Familienpass von einem familienpolitischen zu einem sozialpolitischen Instrument weiter entwickelt, womit Theaterbesuche Gutbetuchter nun nicht länger aus Haushaltsmitteln bezuschusst werden und unnötige HH-Ausgaben eingeschränkt werden.

Hier, meine Damen und Herren, will ich meine fiktive Rede abbrechen und mich der harten und unschönen Realität stellen. Und die heißt: In Cloppenburg regiert nicht Grüne Weitsicht, sondern christdemokratische Besitzstandswahrung.

Nichts von dem, was ich angesprochen habe, findet im HH der CDU seinen Niederschlag. Was Grund Nr.1 für unsere Nein-Stimmen ist zum Haushalt ist.

Grund Nr. zwei allerdings ist das, was drinsteht. Nicht alles, natürlich!

Aber z.B.: der Ecopark, dieses interkommunale Millionengrab. Mit einer weiteren deutlich erhöhten Verbandsumlage von rd. 400.000,- im kommenden HH-Jahr werden wir als Stadt Cloppenburg Ende 2009 => 3,3 Mio Euro investiert und gerade 10 Betriebe angesiedelt haben. In 10 Jahren! Tolle Bilanz! Ganz abgesehen davon, dass sich die Verwendung unserer HH-Mittel der Kontrolle durch Oppositionsparteien und -fraktionen im Verb.ausschuss entzieht – dieser Ecopark ist eine gigantische Fehlplanung! Er war es von Beginn an und er wird es bleiben! Ich erinnere mich nur zu gut daran, wie uns damals im Kreistag und im Stadtrat die Zustimmung schmackhaft gemacht werden sollte (und der Mehrheit auch wurde): Die Verkehrsgunst sollte ausgenutzt werden; die 1-a-Lage direkt an der A1 mit optimaler Verkehrsanbindung gerade für den intensiven Warenverkehr des produzierenden Gewerbes und der Industriebetriebe.

Jetzt schauen wir uns doch mal an, was da tatsächlich steht: Z.B. eine Werbeagentur, das Zentrum Zukunft der EWE, ein Lebensmittellabor, eine Reitsportagentur, eine Fleisch-Zertifizierungsstelle, ein technischer Wartungsbetrieb und ein Planungsbüro. 7 von 10 dieser Unternehmen gehören nicht zum produzierenden Gewerbe und legitimieren damit nicht diesen Gewerbepark. Und es kommt noch schlimmer: Jetzt baut dieses interkommunale Millionengrab auch noch selbst: das ecopark-center. Auf der Internet-Seite heißt es dazu: „Für die Schaffung von ca. 2000 qm Büro- und auch Laborflächen plant der Zweckverband ecopark die Errichtung eines zentralen Bürohauses am Kreisel im ecopark. Das Angebot richtet sich besonders an kleinere Dienstleistungsunternehmen sowie junge Unternehmen, die dadurch die Möglichkeit haben, Räumlichkeiten zu guten Konditionen im ecopark anzumieten. Diese können dann die Standortvorteile und die besondere Lagegunst des ecoparks nutzen, ohne selbst in Gewerbeflächen zu investieren.“

Na prima! Da finanzieren wir also mit unserer Verbandsumlage repräsentative Geschäftsräume für Kleinunternehmer (die womöglich auch noch aus Cloppenburg abziehen), anstatt unsere eigenen Gewerbeflächen und -räumlichkeiten zu vermarkten! Ich wiederhole mich gerne wenn ich sage: Es ist höchste Zeit, das ganze Projekt zu überdenken und drastisch abzuspecken.

Und ich will noch was sagen zur HH-Stelle „Personalkostenzuschuss an den Heimatverein der Deutschen aus Russland e.V.“ in Höhe von 26.000,- Euro. Finanziert wird damit ein Projekt „Interkommunales Streetworking Cloppenburg/Molbergen“ in Trägerschaft eben jenes Vereins, zu dem die Gemeinde Molbergen noch einmal 13.000,- Euro Personalkostenzuschuss gewähren soll. Nun sind wir Grünen sicherlich die letzten, die etwas gegen Streetworking einzuwenden hätten, aber es zeugt erneut von profunder Missachtung des Rates und seiner Mitglieder, wenn der Bürgermeister es für überflüssig hält, den Fachausschuss mit der Einrichtung einer solchen Stelle zu befassen. Ob und wo Sozialarbeit geleistet werden soll, welches sozialarbeiterische Konzept dieser Arbeit zu Grunde liegen soll, welchem Anforderungsprofil der Streetworker genügen muss – alles das sind Fragen, die originäres Aufgabenfeld des Sozialausschusses sind. Stattdessen wird dem vertraulich tagenden VA per Vorlage mitgeteilt, „auf Anregung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist seitens der Stadt Cloppenburg ein Werkvertrag mit dem Heimatverein geschlossen worden, wonach als zu erbringende Leistung der Aufbau einer Struktur zur Förderung des Projektes 'Küchenboxer' auf ehrenamtlicher Basis … erfolgen soll.“ Ich wiederhole: der Vertrag ist geschlossen worden! Nicht mal der VA hatte also noch was zu sagen. Und erst recht nicht der Rat, der hat die 26.000,- Euro nur noch abzunicken. So geht das hier mit der CDU und ihrem Bürgermeister.

Soviel zum Formalen. Jetzt zum Inhaltlichen: Während die Tätigkeit offiziell mit der Fortführung des Küchenboxer-Projekts begründet wird, ist davon in einem beigefügten „Entwurf einer möglichen Aufgabenbeschreibung“ keine Rede mehr. Wer berät denn eigentlich diesen Entwurf und wer beschließt letztendlich diese Aufgabenbeschreibung? Der Heimatverein? Dieser sog. „Entwurf einer möglichen Aufgabenbeschreibung“ist ohnehin ein merkwürdiges Papier: ein paar nichtssagende Spiegelstriche und zusammenhanglose Sätze auf einem (!) Blatt DIN A4. Das war´s. Meine Lebensgefährtin ist Grundschullehrerin. Seitdem weiß ich: Jede Unterrichtsstunde in einer 2. Klasse ist kompetenter vorbereitet und begründet als der Einsatz dieses Streetworkers.

Da bleibt nur, mit dem verstorbenen Rainer Barzel zu sagen: So nicht!

Last not least: Die Grünen stimmen einer Erhöhung der Gewerbesteuer-Hebesätze auf 380 Punkte zu, weil wir 1. schon seit Jahren für eine moderate Anhebung plädiert haben und 2. die Betriebe diese Erhöhung überwiefend steuermindernd geltend machen können und sich die Erhöhung insofern für sie nicht auswirkt. Die Gesamtsteuerbelastung der Betriebe ist durch die Unternehmenssteuerreform von zuvor 39 auf nun nur noch 30 % gesenkt worden, so dass für die Unternehmen (übrigens schon vor einem Jahr) eine deutliche Entlastung eingetreten ist. Würden wir den Hebesatz nicht anheben, würde lediglich jener Anteil der uns zusteht, dem Bund zufließen. Also müssen wir den Hebesatz anheben, denn schließlich war es die erklärte Absicht der Bundesregierung, mit der Unternehmensseteuerreform die kommunalen Einnahmen auf eine sichere Basis zu stellen.

Diesen Hebesatz nicht anzuheben, wäre unverantwortlich.

Anders steht es mit den Grundsteuern A und B. Die von der CDU angedachte Erhöhung auf 330 Punkte wirkt sich zwar für den Einzelnen nur geringfügig aus, stellt aber eine Erhöhung für alle dar. Denn nicht nur Häuslebesitzer zahlen Grundsteuer, sondern auch Mieter durch die Umlage auf die Nebenkosten. Und wir sind der Meinung, dass die Bürgerinnen und Bürger nach ständig steigenden Energie- und Heizkosten, nach MwSt-Erhöhung, Gesundheitsfond etc.pp. nun endlich ENTlastet werden müssen, und nicht schon wieder – wenn auch nur geringfügig- BElastet. Eine Erhöhung wäre das falsche Signal.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit

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Cloppenburg | E233 | Soziales | Wirtschaft

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