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19.12.24 –
Kreistag: GRÜNE Haushaltsrede 2025
19.12.24 – Haushaltsrede 2024 GRÜNE-Kreistagsfraktion Cloppenburg
Ulf Dunkel, Fraktionsvorsitzender
(Es gilt das gesprochene Wort.)
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Landrat,
liebe Kolleginnen und Kollegen aus Verwaltung und Kreistag.
Wenn ich auf Reisen gefragt werde, wo ich herkomme, sage ich gern:
„aus dem Landkreis der Superlative“.
Wir sind
der jüngste Landkreis Deutschlands,
waren lange der schwärzeste,
hatten lange so ziemlich den schlechtesten ÖPNV,
aber auch eines der dichtesten und besten Fahrradwegnetze,
gehören zu den Landkreisen mit der höchsten Viehdichte,
haben die meistgenutzte Mautausweichstrecke Deutschlands,
neben Vollbüttel bei Gifhorn das einzige Kinotechnikmuseum –
und das größte Veterinäramt Deutschlands.
Also alles super? Nein.
Genau heute vor einem Jahr haben wir den Haushalt 2024 beschlossen. Und wieder haben wir es geschafft, den neuen Haushalt vor Beginn des Haushaltsjahres fertigzustellen. Wieder keine Ehrenrunde. Dafür danken wir allen Beteiligten.
Aber der Haushalt 2025 macht uns allen große Bauchschmerzen. Der Landrat hat es unlängst gesagt: (Zitat) „Die Verschuldung des Landkreises explodiert förmlich.“
Warum ist das so? Ich möchte einige Punkte dazu ansprechen:
Konnexitätsprinzip
Die Aufgaben eines Landkreises sind vielfältig. Weit mehr als 90 Prozent des Haushalts gehen in die Finanzierung von Pflichtaufgaben und Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises. Das sind Aufgaben, vor denen wir uns als Landkreis und als Kreistag nicht drücken können und auch nicht drücken wollen. Das Problem ist nur, dass die von oben übertragenen Aufgaben schon seit langem nicht mehr auskömmlich von oben refinanziert werden. Da spielt es keine Rolle mehr, welche Farben gerade in Bund und Land regieren.
Als Kreistag haben wir eine Resolution verfasst, die den Landrat beauftragt, in Hannover genau dieses Problem zu schildern und einzufordern, dass die durch das Konnexitätsprinzip übertragenen Aufgaben auch ausreichend finanziell refinanziert werden. Der Landrat ist dem nachgekommen. Wir konnten Dienstag in der Presse lesen, dass alle Landkreise und kreisfreien Städte im Oldenburger Münsterland hier mit einer Sprache sprechen – wieder unabhängig von der jeweils politischen Farbe. Und das ist gut so.
Früher war das Konnexitätsprinzip in Niedersachsen nur relativ. 2006 es in ein striktes Konnexitätsprinzip gewandelt. Seitdem müssen alle übertragenen Aufgaben von der übertragenden Ebene vollständig refinanziert werden. Das ist aus verschiedenen Gründen nicht mehr der Fall. Und darum ist es gut und richtig, wenn die Landkreise sich hier zusammenschließen und nicht nur daran erinnern, sondern einfordern, dass alle übertragenen Aufgaben auch wirklich auskömmlich refinanziert werden.
Der Bund kann verfassungsgemäß Leistungen nicht direkt auf die Kommunen und Landkreise delegieren. Das geschieht immer mittelbar über die Länder. Die Gelder, die der Bund zur Refinanzierung gibt, gehen ebenfalls an die Länder, die gehalten sind, sie 1:1 weiterzugeben. Hier gibt es seit 2007 gravierende Unterschiede; einige Länder kriegen überproportional viel, Niedersachsen eher nicht. Auch dadurch ergibt sich schon eine Schieflage. Seit 2007. Wir können uns nicht wirklich ausmalen, was passiert, wenn diese Schieflage der Refinanzierung der übertragenen Aufgaben so bleibt und noch zunimmt.
Kreisumlage und Schlüsselzuweisungen sind die Haupteinnahmequellen des Landkreises, noch vor den Refinanzierungen durch Bund und Land. Die jetzt im Raum stehende Erhöhung der Kreisumlage um vier Punkte ist deshalb so wichtig, schon allein durch die gestiegenen eigenen Pflichtaufgaben mehr als gerechtfertigt. Warum sind die Pflichtaufgaben des Landkreises so gestiegen? Die Gebäude des Landkreises, vor allem seine Schulen, aber auch Straßen und Brücken, sind alle in die Jahre gekommen. Und seit geraumer Zeit nehmen wir viel Geld in die Hand, um sie zu sanieren, zu modernisieren. Das ist richtig und wichtig.
In den letzten Jahren haben wir immer wieder gesehen, dass das Jahresergebnis dann doch nicht ganz so schlecht war wie prognostiziert. Wir GRÜNEN halten es jedoch für gefährlich, hier nur auf das Prinzip Hoffnung zu setzen. Bund und Land müssen die übertragenen Aufgaben wieder vollständig auskömmlich refinanzieren. Anders geht’s nicht.
Wir haben auf allen Ebenen ein Einnahmeproblem.
Auf Bundes- und Landesebene wurde Jahrzehnte lang viel liegengelassen, das uns jetzt zum Stolpern bringt. So kann man natürlich auch ausgeglichene Haushalte auf dem Papier schaffen – die Schulden und Defizite stecken dann in maroden Straßen und Brücken, verfallenden Schulen und Krankenhäusern. Daher müssen Bund und Land auch ihre eigene Einnahmenseite erhöhen: Weil wir seit Jahren Milliardäre und große, internationale Konzerne steuerlich massiv schonen, können auch Bund und Land ihre Haushalte nicht mehr vernünftig refinanzieren. Das ist der wahre Trickle-Down-Effekt, bei dem nämlich fehlende Einnahmen von oben nach unten durchschlagen.
Und auch Steueroasen gibt es nicht nur in der Südsee, auch hier.
Karlsruhe hat festgestellt, dass es richtig war, sogenannte Übergewinne, die einige Wirtschaftsunternehmen gemacht haben, abzuschöpfen, um den Haushalt zu entlasten. Die Vermögenssteuer muss wieder eingesetzt werden. Sie wurde nie abgeschafft, sondern 1997 nur ausgesetzt. Auch eine Transaktionssteuer würde immens viel Geld in die Kassen des Bundes spülen, was den Superreichen nicht im Geringsten wehtun würde. Stattdessen wollen manche Parteien lieber bei den Schwächsten der Gesellschaft sparen. Das rächt sich irgendwann und stärkt den Unmut an den Rändern der Gesellschaft.
Sozialer Friede ist nicht selbstverständlich. Und Eigentum verpflichtet.
Wir als Landkreis könnten natürlich auch unseren Haushalt sanieren, indem wir einfach nichts mehr machen. Dann verfallen eben die kreiseigenen Schulen. Dann gibt’s eben keinen ÖPNV mehr, den wir gerade zu verbessern begonnen haben. Wir kümmern uns einfach um nichts mehr von all dem, was wir jetzt leisten. Es sind noch nicht mal 10 Prozent des Haushalts, mit denen wir Aufgaben finanzieren, die wir in freier Entscheidung zum Wohle des Landkreises und seiner Bevölkerung übernommen haben. Einige davon könnten auch die Städte und Gemeinden des Landkreises selbst machen. Aber oft ist es sinnvoller, Aufgaben, die für alle gleich sind, beim Landkreis zu bündeln. Das ergibt Synergieeffekte und Kostenvorteile. Bestes Beispiel dafür ist ein beim Landkreis angesiedelter ÖPNV. Es gibt natürlich auch Aufgaben, die die Kommunen besser ausführen können als der Landkreis.
Unsere Städte und Gemeinden haben jetzt gefordert, dass der Landkreis in Zukunft einen Teil der Kindergarten-Betriebskosten mittragen soll. Selbstverständlich sind sich alle Kommunen darüber im Klaren, dass sich das 1:1 auf die Kreisumlage auswirken wird. Und trotzdem halten wir GRÜNE dies nicht für eine Umschichtung „linke Tasche – rechte Tasche“. Es ist ein sinnvoller Ansatz, die gesetzlich garantierten Ansprüche auf Kinderbetreuung auch in Zukunft kreisweit sicherstellen zu können.
In dem Zusammenhang ärgert es mich jedes Jahr aufs Neue, dass einige Gemeinden im Landkreis ihre Finanzen dem Landkreis gegenüber nicht vernünftig offenlegen. Ich behaupte, dass sie Profiteure einer gemäßigten Kreisumlage-Erhöhung sind und sich so aus der Verantwortung stehlen, als bessergestellte Kommunen auch mehr beizutragen. Gestern war in der Presse zu lesen, dass Cloppenburg und Essen sehr gut dastehen. Wir GRÜNEN finden es richtig, wenn starke Schultern mehr tragen als schwache Schultern. Es spricht sachlich überhaupt nichts dagegen, die Kreisumlage pro Kommune individuell anzupassen. Außer, dass alle Kommunen ihre Zahlen dem Landkreis gegenüber offenlegen müssten. Wundert es nur uns GRÜNE, dass das nicht längst selbstverständlich ist?
Wirtschaftsförderung
Es gibt ein Nachhaltigkeitsnetzwerk im Oldenburger Münsterland, das Wege zur Transformation der Wirtschaft aufzeigt. Diese Transformation der Wirtschaft ist alles andere als „nice to have“. Sie ist überlebenswichtig in einer Zeit stetiger Änderungen und immer neuer Herausforderungen. Auch wir als Landkreis müssen uns immer wieder anpassen, alte Zöpfe abschneiden, bestehende Aufgaben hinterfragen, neue Aufgaben annehmen und den ganzen Landkreis fit für die Zukunft machen.
Wirtschaftsförderung bei uns darf nicht mehr heißen, Betriebshallen zu finanzieren, in denen anschließend nur 3 Leute arbeiten, wertvolle Flächen für neue Gewerbegebiete plattzumachen und in den Kommunen untereinander einen Wettbewerb um die niedrigste Gewerbesteuer zu veranstalten. Damit lockt man nur Betriebe innerhalb des Landkreises von A nach B, wie schon seinerzeit von Emstek in den Ecopark. Das ist „linke Tasche – rechte Tasche“.
Ein viel härterer Standortfaktor als eine gute Straßenanbindung ist heute eine schnelle Internet-Anbindung. Ein verlässlicher ÖPNV auch abseits der Schulbus-Fahrpläne hilft jungen Menschen aus den Dörfern, eine Ausbildung in anderen Orten zu absolvieren, auch wenn sie noch keinen Führerschein haben. Von außerhalb kommen Betriebe zu uns sicher nicht wegen einer Autobahn E233. Autobahnanbindungen gibt es überall.
Wirtschaftsfördernde Infrastruktur hat immer mit Menschen zu tun. Viele Menschen, die überlegen, der Arbeit wegen hierher zu ziehen, haben Familie. Und die fragt sich: Wie sieht es mit bezahlbarem Wohnraum aus? Wie sieht es mit der Kinderbetreuung aus? Welche Schulangebote gibt es? Wie ist die Gesundheitsversorgung? Was können wir hier unternehmen? Welche kulturellen Angebote gibt es? Wie steht es um ÖPNV, Freizeit, Erholung?
Eine echte Wachstumsbranche in unserem Landkreis ist der Grüne Tourismus – fünf Prozent Wachstum jedes Jahr. Da geht noch mehr, wenn wir es wollen und unterstützen. Warum sollte das hier nicht auch ein Superlativ werden?
Es gibt aber mindestens eine Aufgabe, die der Landkreis sich ohne Not und in völliger Selbstüberschätzung ans Bein gebunden hat. Von dieser Aufgabe hätte er besser die Finger gelassen. Natürlich wisst ihr alle, was ich meine: die E233.
Ich werde nicht aufhören, immer wieder darauf hinzuweisen, dass dieses Projekt komplett aus dem Ruder gelaufen ist. Mittlerweile liegt die handwerklich mittelmäßige Planung auf Eis und vor Gericht. Die Kosten laufen weiter und weiter und haben längst alles Erträgliche überschritten. Der Nutzen wächst abernicht mit. Aber die Landkreise und die Ideologen in der Politik halten sich fest an sehr wackeligen Zahlen, die einen Verkehrszuwachs behaupten, der mit der Realität überhaupt nichts zu tun hat. Wo sollen denn die angeblichen 23 % Zuwachs an Lkw von 2030 bis 2040 herkommen? Das DIW, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, ermittelt seit Jahrzehnten die Verkehrszahlen und stellt fest, dass sich auf den Bundesstraßen die Verkehrsmengen kaum verändern. Sie stagnieren. Anders ist es auf immer weiter ausgebauten Strecken – da nimmt der Verkehr überproportional zu. Es war richtig und wichtig, die Hauptverkehrsader A1 sechsstreifig auszubauen. Aber mit dem unsinnigen Ausbau der E233 würden wir laut der Studien genau das bekommen, was wir vermeiden wollen: mehr als doppelt so viel Verkehr wie jetzt. Das ist ja ein ganz grandioser Plan.
Natürlich weiß man überall: Straßenbau erzeugt Verkehrszuwachs, er stoppt ihn nicht. Nur hier bei uns glaubt man immer noch, es sei sinnvolle Wirtschaftsförderung, in ein nachgewiesen unwirtschaftliches, nachgewiesen umweltschädliches, nachgewiesen unsinniges Straßenbauprojekt zu investieren – in der Hoffnung, die etwa 60 Millionen Euro für Planungsgelder und Grundstückskäufe irgendwann wiederzukriegen, zusammen mit blühenden Landschaften und einer Vollbeschäftigung. Ein paar Grundstücke hat der Bund jetzt übernommen. Na toll.
Daraus abzuleiten, dass deshalb für den Bund dieser Ausbau wichtig sei, ist denkbar naiv, bei insgesamt etwa 2.000 Straßenbauprojekten, die laut der Autobahn GmbH nicht alle finanzierbar sind. Der Bund lacht sich immer noch ins Fäustchen, dass sich unsere Landkreise für die Planung vorgedrängelt haben. Und die Planung dauert und dauert. Der Ausbau wird nie realisiert werden, allein schon, weil der Autobahn GmbH das Geld fehlt.
Dieser Alptraum würde uns alle mindestens 1,5 Milliarden Euro kosten.
Die beiden Landkreise bekämen dafür wahrscheinlich 20 Jahre Großbaustellen, ewige Umleitungen, kaputtgefahrene Nebenstrecken und immense Wirtschafts- und Umweltschäden. Genialer Plan. –
Nein, wir hätten von Anfang an die Finger davon lassen sollen – diese Schuhe sind zehn Nummern zu groß für uns.
Das ist ein Superlativ, auf den niemand stolz sein kann.
Die Wirtschaft gibt es übrigens nicht. Im Gegenteil: Viele hiesige Betriebe und Unternehmen hätten immense Schäden durch solche Zustände. Gar nicht super.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Ich weiß, dass es einfacher ist, über etwas nicht mehr nachzudenken, weil es schon länger läuft. Ich weiß, dass es manchmal Mut braucht, Stopp zu sagen und die Richtung zu wechseln. Aber niemand verliert sein Gesicht, wenn er ein unsinniges Monsterprojekt wie dieses fatale Erbe E233-Ausbau beendet. Vielleicht fliegt der E233-Ausbau schon mit der nächsten Bundesregierung aus dem Bundesfernstraßenausbaugesetz. Er ist nicht nötig und nicht finanzierbar.
Der Landrat hat uns letztes Jahr eingeladen, dem Haushalt doch zuzustimmen, (Zitat sinngemäß) „weil die E233-Planungen ja nur ein Bruchteil des Haushalts ausmachen“. Wenn man sich anschaut, wie wenig Geld von den ca. 400 Millionen Euro im Haushalt wir für eigene Themen in die Hand nehmen können – nicht mal 10 Prozent – dann ist der E233-Unsinn viel größer. Und er bleibt unwirtschaftlich, umweltschädlich und unverantwortlich.
Ich wiederhole mich: Wenn ich Landrat wäre, könnte und würde ich meinen Kopf dafür nicht mehr hinhalten. Und wir als Kreistagsmitglieder, die ebenfalls zum Wohle und nicht zum Schaden des Landkreises arbeiten müssen, dürfen dies erst recht nicht.
Uns kann doch niemand mehr erzählen, dass unsere heimische Wirtschaft irgendeinen Nutzen von geschätzten 20 Jahren Großbaustellen und mehr als doppelt so viel Verkehr, Lärm, Abgasen und Feinstaub wie heute hätte.
Es fallen nun mal keine Arbeitsplätze von Lkw runter.
Wer jetzt noch auf diesem Projekt beharrt, muss sich weiterhin vorhalten lassen, ideologisch verbohrt zu handeln und die Sachargumente, die das Projekt haben scheitern lassen, schlicht zu ignorieren – zum Schaden aller. Das nennt man Starrsinn.
Das gilt hier genauso wie im Bund und im Land.
Peinliche Verkehrsminister hatten wir ja jetzt auch zur Genüge.
Apropos Straßen:
Letztes Jahr stand ich hier und habe kritisiert, dass der Landkreis in Zusammenarbeit mit der Straßenbaubehörde Lingen, wo auch die dilettantische E233-Planung läuft, nicht hinbekommen hat, eine kleine Brücke über einen kleinen Graben auf einer kleinen Kreisstraße in Bunnen binnen eines Jahres zu bauen. Und jetzt, ein Jahr weiter, sind noch immer keine Fahrbahnmarkierungen aufgebracht. Ich frage mich, was da los ist bei uns und in Lingen. Das ist mehr als peinlich – und darüber hinaus auch gefährlich.
Wir sollten auch schneller fertig werden mit unserem Kreisstraßen-Verbreiterungsprogramm. Es dürften ja nicht mehr so viele sein. Das Radweg-Verbesserungskonzept muss weitergeführt werden. Auch für den Grünen Tourismus sind Radwege notwendiger als Landstraßen.
Ein letztes Wort zum Haushalt
Wir GRÜNE hatten mit einem Antrag im Kreisausschuss darum gebeten, dass wir einen (Zitat) „kommentierten Vorbericht zum Haushalt“ schon in den Haushaltsberatungen bekommen. Dies wurde mehrheitlich abgelehnt, weil die CDU der Meinung war, ihr bräuchtet keine Kommentierung durch die Kreisverwaltung und wolltet euch eure eigenen Gedanken machen. Auch wir lassen uns das Denken nicht abnehmen. Darum geht es hier auch gar nicht.
Unser Antrag war in doppelter Hinsicht unglücklich gestellt. Zum einen war er für den November-Kreisausschuss einen Tag zu spät eingereicht. Zum anderen aber war die Formulierung „Haushaltskommentierung“ etwas irreführend gewählt und schlecht erklärt. Tatsächlich ging und geht es um Folgendes:
Wir alle bekommen von der Kreisverwaltung zur Beratung des Haushalts immer einen sogenannten „Vorbericht“, der dieses Jahr aus 7 Seiten nackten Tabellen besteht. Letztes Jahr haben wir eine Haushaltsfassung beschlossen, wo diese Vorbericht-Seiten gar nicht enthalten waren. Der dann beschlossene und veröffentlichte Haushalt 2024 enthielt auf einmal 60 Seiten Vorbericht, mit ausführlichsten Kommentierungen.
Der Vorbericht eines kommunalen Haushalts ist nach § 1 der Kommunalhaushalts- und -kassenverordnung als eine von verschiedenen Anlagen originärer Teil des Haushaltsplans, den der Kreistag zu beschließen hat. Der Vorbericht muss allerdings nach § 6 Satz 2 tatsächlich (Zitat) „eine wertende Analyse der finanziellen Lage und ihrer voraussichtlichen Entwicklung“ umfassen. Diese wertende Analyse kriegen wir aber seit Jahren immer erst dann zu lesen, wenn wir den Haushalt schon beschlossen haben.
Das kann formal nicht richtig sein und wir Kreistagsmitglieder als beschließendes Gremium sollten darauf bestehen, dass wir diese wertende Analyse der finanziellen Lage und ihrer voraussichtlichen Entwicklung vorher bekommen. Sie wird ja eh ständig fortgeschrieben.
Der Gipfel ist, dass wir den kommentierten Vorbericht für den Haushalt 2025 heute morgen bekommen haben, fortgeschriebene 68 Seiten mit wertender Analyse. Oh Wunder. Kann es damit zu tun haben, dass wir nach dem Ablehnen unseres Antrags im Kreisausschuss die Kommunalaufsicht gefragt haben, ob das eigentlich so richtig ist? Die Kommunalaufsicht wiederum fragte die Verwaltung, was denn da los sei – und auf einmal geht das, was nach unserem Antrag nicht gehen sollte?
So können wir keine vernünftigen Haushaltsberatungen machen. Diese wertende Analyse der Kreisverwaltung brauchen wir zu Anfang der Beratungen, nicht erst heute. Eigentlich könnten wir heute nicht mal den Haushalt beschließen.
Und das ist der zweite Grund, warum wir GRÜNE dem Haushalt 2025 nicht zustimmen werden.
Wir brauchen, wie schon vor Jahren gefordert, als Kreistag einen eigenen Finanzausschuss, der die finanzielle Lage und ihre voraussichtliche Entwicklung ausführlich debattieren und planen kann.
Was machen wir denn bisher im eigenen Wirkungskreis?
Wir agieren zu wenig, wir reagieren zu viel.
Wir gestalten zu wenig, wir verwalten zu viel.
Es gibt so viele wichtige Projekte, die wir vor der Brust haben: Die Verbesserung des ÖPNV ist in Arbeit – uns GRÜNEN natürlich zu langsam. Es sind immer noch Schulen zu sanieren. Die Zukunft der Krankenhäuser wird uns weiter beschäftigen. Was würde unseren Landkreis weiter stärken für die Zukunft? Unsere Boombranche „Grüner Tourismus“ wird zu wenig gefördert. Zur Steigerung der Lebensqualität braucht es neben den vielen Sportangeboten auch viel mehr Kultur-Angebote.
Wir haben so viele kreative Betriebe und kluge Köpfe vor Ort. Manche davon entwickeln Technologien, die richtigweisend sind. Eine ernsthaft vorstellbare Universität im Landkreis Cloppenburg, die Forschung und Lehre an diesen Stärken ausrichtet, würde dem Landkreis der Superlative wieder einen gewaltigen Schub nach vorne geben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Haushalte kommen und gehen. Aber über allem steht die zentrale Aufgabe von Verwaltung und Kreistag, Schaden vom Landkreis abzuwenden und zum Wohle der Bevölkerung zu planen und zu entscheiden.
Das ist unsere Aufgabe.
Vielen Dank.
Kategorie
E233 | Finanzen | Haushalt | Kreistag | Verkehrswende | Wirtschaft
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