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17.12.15 –
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen,
Fraktionsvorsitzende Dr. Irmtraud Kannen
Kreistagssitzung 17.12.2015
Anrede
Das große Thema des neuen Haushalts ist der Anstieg der Ausgaben für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge und Asylbewerber. Ohne diese Verpflichtungen hätten wir einen wesentlich entspannteren Haushalt. Die Diskussion darüber, welche Instanz an erster Stelle in der Zahlungsverpflichtung steht, ist u.E. müßig, denn letztlich ist diese Aufgabe eine nationale Verpflichtung, die alle staatlichen Stellen einbindet. Auch wir sind Teil einer globalisierten Welt, in der es Zusammenhänge zwischen unserem Konsum und Wirtschaftssystem und den Fluchtursachen gibt wie z. B. würdelose Armut, entstanden auf dem Hintergrund von Kolonialismus, Sklaverei und Ausbeutung von Bodenschätzen, endlos langer Wehrpflicht in brutalen Kriegen und eine EU-Subventionspolitik, die einheimische landwirtschaftliche Strukturen zerstören, eine westliche Entwicklungspolitik, die dafür sorgt, dass eigene Agrarkonzerne unterstützt werden, damit arme Staaten für den Export produzieren können, (auch deutsche) Waffenlieferungen in Krisengebiete, die Kriege verschärfen und Terrorismus z.T. ermöglichen. Von diesen komplexen Zusammenhängen haben wir lange profitiert und werden jetzt mit den Auswirkungen konfrontiert. Die globale Wirtschaftspolitik und der Klimawandel werden weiterhin Menschen dazu zwingen, sich auf einen gefährlichen Weg zu machen, um für sich und v.a. für ihre Kinder ein besseres Leben zu suchen. Das reiche Deutschland und auch der wirtschaftlich starke Landkreis Cloppenburg können es schaffen, der Situation der Flüchtlinge entsprechend unserer christlichen Werte zu begegnen und ihnen eine Bleibe- und Zukunftsperspektive zu ermöglichen. Allerdings müssen wir gleichzeitig auch unser politisches und wirtschaftliches Handeln auf ihre Nachhaltigkeit, Friedenssicherung und Klimafreundlichkeit überprüfen.
Die Baukosten sind von ursprünglich geplanten 220 Mio. inzwischen auf das Drei- bis Vierfache gestiegen und werden weiter steigen. Allein die auf 6 Mio. Euro gedeckelten Planungskosten haben sich inzwischen verdoppelt und dürften mittlerweile bei 12 Mio. liegen. Und das alles für ein Projekt, das nie gebaut werden wird! Denn erstens befindet sich gerade eine Länderinitiative in Vorbereitung, die die ÖPP-Finanzierung (öffentl.-private Partnerschaften) von Straßenbauprojekten untersagen soll und damit – weil der BVWP bekannter Weise hoffnungslos unterfinanziert ist – niemand das bezahlen kann, und zweitens bereitet die Bundesregierung eine Gesetzesinitiative vor, mit der der Flächenverbrauch durch Straßen- und Städtebau von derzeit 70 ha täglich auf 30 ha gesenkt werden soll. Wenn man dann noch weiß, dass allein die Realisierung der derzeit im BVWG befindlichen Objekte einen Flächenverbrauch von 600 ha täglich bedeuten würde, mag sich jeder selbst ausrechnen, wie wahrscheinlich der B 213-Ausbau ist.
In der letzten Woche war ich auf einer Veranstaltung in Meppen mit unseren Kreistagskollegen aus dem Emsland. Auch im Emsland formiert sich der Widerstand gegen dieses Großprojekt. Es gibt die ersten Austritte aus der CDU und ich erinnere an den Brief aus dem Emsland im Sommer an alle Fraktionsvorsitzenden und Landräte, in dem mit der Enzyklika Laudato Si‘ von Papst Franziskus gegen den Ausbau argumentiert wird. Auch im Landkreis Cloppenburg engagieren sich immer mehr Bürger und v.a. Anlieger der Strecke in dem Verein „Verkehrswende Cloppenburg/Emsland“. Noch ist das Projekt zu stoppen, da noch kein Spatenstich erfolgt ist.
Nach der Steigerung im sozialen Bereich, werden rd. 3,4 Mill. Euro mehr für das Personal aufgewendet. Fast alle Personalentscheidungen haben wir mitgetragen, da wir es für wichtig halten, dass die Aufgaben des Landkreises von gutem und v.a. ausreichendem Personal erledigt werden können (Negativbeispiel das Lageso in Berlin). Bei drei Ämtern allerdings stößt das Agieren des Personals bei uns auf Kritik.
In einem konkreten Fall einer Abschiebung in die Niederlande vermissen wir beim Ermessensspielraum der Behörde die humanitäre Sichtweise.
Wir wurden mit Vorwürfen konfrontiert, dass es bei der Genehmigung von Ställen nicht mit rechten Dingen zugeht. Leider wurden wir inständig gebeten, Name und Ort nicht öffentlich zu nennen. Bei Nachfragen und gemeinsamen Durchgehen der Genehmigungsakten sind uns tatsächlich Merkwürdigkeiten aufgefallen, wie z.B. die wundersame Veränderung von Belastungen zugunsten eines Investors von Stallneubauten. Bauern waren nicht von ihrer Überzeugung abzubringen, dass Genehmigungen leichter zu erhalten sind, wenn zwischen den Unterlagen Geldscheine liegen würden. Persönlich kann ich mir Korruption bei uns im Landkreis nicht vorstellen. Aber allein der Verdacht ist schon schlimm genug.
Vor einigen Tagen gab es einen Bericht in den Medien, in dem der Leiter des Amtes zur visuellen Fleischbeschau und dem Brief der amtlichen Fleischkontrolleure interviewt wurde. Ich wurde danach von einem Zuschauer angesprochen: „Wie kann ein Leiter eines Veterinäramtes nur so argumentieren? Welche Interessen vertritt er denn?“ Das fragen wir uns auch manchmal.
Das Thema visuelle Fleischbeschau beschäftigt uns schon seit fast 2 Jahren und wir sehen unsere anfängliche Befürchtung, dass der Verbraucherschutz ausgehöhlt wird, bestätigt. Hier hat sich die Fleischlobby – Fleischmafia – bis auf die EU-Ebene durchgesetzt. Unter den Bedingungen, wie die Fleischbeschau zur Zeit läuft und wie sie auch weiter „effizienter“ gemacht werden soll, hat die amtliche Fleischkontrolle nur noch eine Alibifunktion. Auf dem Papier erscheint dank umfangreicherer Dokumentation ein falsches Bild von Kontrolle, die aber de facto wegen der Kürze der Zeit (12 Sekunden – aus dem Brief der Mitarbeiter der Fleischuntersuchungsstelle) nicht mehr gegeben ist. Und der Landkreis spielt das Spiel mit: Im Stellenplan (S. 253 im Haushalt) wir deutlich, dass bei der Fleischkontrolle (Tierärzte und Fachassistenten) Personal abgebaut werden soll, von insgesamt 255 (2015) auf 242 (2016) Stellen. Beim nächsten Fleischskandal sprechen wir uns wieder.
Unsere Fraktion bedauert, dass es eine Grundsatzentscheidung gegen die Bestellung eines Beauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege gegeben hat. Da unsere Landschaft immer eintöniger wird (Vermaisung) halten wir eine Stärkung der Lobby für Natur und Landschaft – auch wenn sie nur ehrenamtlich ausgeführt wird – für sehr wichtig.
Obwohl es im Haushalt auch Positionen gibt, die wir ausdrücklich begrüßen, wie z.B. die Schulsozialarbeit, Investitionen im Schulbereich, Sanierung St. Josefs Hospital, Schleuse Osterhausen, Breitbandausbau, demografischer Wandel und Elektrotankstelle in der Tiefgarage des Kreishauses, sind für uns die Kritikpunkte zur E 233 und dem Personal so wichtig, dass wir dem Haushalt 2016 nicht zustimmen werden.
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Kreistagsabgeordneter, stellv. GRÜNE-Fraktionsvorsitzender
Seit Herbst 2023 Studium der Nachhaltigkeitsökonomik in Oldenburg.
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