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15.12.14 –
Am 15. Dezember 2014 verabschiedete der Rat den Haushalt. Warum die Grüne Ratsfraktion dagegen stimmte, erläuterte Fraktionssprecher Michael Jäger:
Ratssitzung 15.12.2014 - TOP Haushalt 2015
Anrede,
keine lange Vorrede, ich will die Nerven des Vorsitzenden nicht erneut überstrapazieren. Die Kennzahlen dieses HH sind bekannt, ich brauche sie nicht zu wiederholen und will nur soviel sagen: Dass wir mit einer geplanten Netto-Neuverschuldung von fast 10 Mio. Euro ins HH-Jahr 2015 gehen, ist nicht schön, aber angesichts der Aufgaben, die damit finanziert werden, nach unserer Überzeugung vertretbar. Wir sagen uneingeschränkt „Ja“ zu den Investitionen zur Erweiterung der Kläranlage. Diese notwendigen Ausgaben belasten den HH derzeit erheblich, fließen letztlich aber in künftige Gebührenbedarfsberechnungen ein und damit an die Stadt zurück. Wir sagen auch „Ja“ zum Sonderinvestitionsprogramm für die Schließung von Radwegelücken, zum Zuschuss für den Neubau der Kita St. Augustinus, der Mensa Galgenmoor, den Investitionen in die Marienschule oder zum Zuschuss für den Neubau der Kita St. Andreas, um nur einige große Ausgabenposten zu nennen. Wir halten den Umzug des städtischen Bauhofs von der Emsteker Straße an die Borsigstraße, der alleine rund zwei Millionen Euro verschlingen wird, für sinnvoll und erforderlich. Und wir unterstützen und begrüßen selbstverständlich die vielfältigen Leistungen zur Förderung der Vereine, der Kultur, der Jugend- und Seniorenarbeit, die im Einzelnen aufzuzählen den Rahmen meiner Redezeit sprengen würde.
Wenn wir dennoch heute diesem Haushalt unsere Zustimmung verweigern, so liegt das an unserer grundsätzlich gegensätzlichen Haltung zu einigen Positionen, die in diesem HH auf die eine oder andere Weise ihren Niederschlag finden:
1. Der sorglose Umgang mit Grund und Boden
Allein 4 Mio. Euro weist der HH für den Erwerb von Grundstücken aus - für Wohnungsbau, Gewerbe und Straßenbau. Wir haben starke Bedenken gegen den ungebremsten und unkritischen Landschaftsverbrauch für immer neue Siedlungsflächen oder Gewerbegebiete. Eine großzügige Bodenbevorratungspolitik und überplante und bebaute Quadratmeter sind eben nicht nur gesellschaftlicher Fortschritt, sondern immer auch eine Bedrohung von Natur und Umwelt. Wir haben daher die Planänderung zur Gewerbeentwicklung zwischen Emstekerfeld und Cloppenburg abgelehnt und uns sehen die Ausweisung immer neuer großer neuer Wohnbaugebiete kritisch.
2. Die Nicht-Übernahme der Netze
Der Bürgermeister weist regelmäßig auf die unsichere Einnahmesituation der Stadt hin. Zu Recht. Denn die wichtigsten Einnahmequellen hängen von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Deshalb, so der Bürgermeister gegenüber der Presse, müssten „wegen der Unsicherheiten in der kommunalen Einnahmestruktur alle freiwilligen Leistungen und alle neuen Projekte auf ihre Notwenigkeit hin überprüft werden.“
Das sehen wir auch so. Allerdings ist das nur die eine Seite der Medaille: Man muss nämlich darüber hinaus auch die Einnahmechancen nutzen. Und da haben die CDU und ihre konservativen Unterstützer vor einem Jahr kläglich versagt, als sie es ablehnten, die Energienenetze im Stadtgebiet zu übernehmen. Uns fehlt dafür jegliches Verständnis. Auch wenn Sie es nicht hören wollen: Die Übernahme der Netze hätte für uns bedeutet
- echte Mitsprache, -beteiligungs- und Gestaltungsmöglichkeiten bei der künftigen kommunalen und regionalen Entwicklung der Energieversorgung,
- kommunalen Besitz durch Erwerb eines hochwertigen Strom- und Gasnetzes, das wir der nächsten Generation schuldenfrei übergeben können,
- eine spürbare Absenkung des Strompreises für alle Haushalte und Betriebe durch eine Senkung der Netzentgelte,
- erhebliche zusätzliche Einnahmen für unsere kommunalen Aufgaben, wovon alle BürgerInnen profitieren.
Nach seriöser Schätzung dürften uns durch Ihre Fehlentscheidung jährlich zwischen 500.000,- und 800.000,- Euro entgehen. Geld, dass wir zur Deckung unserer hohen Investitionen und der vielfältigen freiwilligen Leistungen dringend gebrauchen. Diese Einnahmen fehlen jetzt in unserem Haushalt.
Schade. Chance gehabt - Chance vertan!
3. Die fehlende Gleichstellungsbeauftragte
Nachdem die CDU vor mittlerweile neun Jahren die ehemalig hauptamtliche Frauenbeauftragte zur ehrenamtlichen degradiert hat, haben wir Jahr für Jahr auf´s Neue beantragt, diese Stelle wieder hauptamtlich zu besetzen. Denn wir wissen, dass die vielfältigen Aufgaben einer Gleichstellungsbeauftragten nicht ehrenamtlich zu erledigen sind – wenn es denn mehr als nur das berühmte „Feigenblatt“ sein soll. Wir beantragen diese Stelle auch heute wieder, wohl wissend, dass die RotGrüne Landesregierung ab 2016 für Städte ab 20.000 Einwohnern die Hauptamtlichkeit ohnehin endlich wieder zwingend vorschreiben wird (und – was bitteschön bemerkenswert ist – dann auch finanziert!). Wir wollen die Stelle aber auch deshalb schon jetzt, weil absehbar ist, dass der „Markt“ an qualifizierten Bewerberinnen ziemlich klein werden könnte, wenn zum 1. 1. 2016 in vielen Kommunen Niedersachsens gleichzeitig gesucht und eingestellt wird.
Wir sehen – anders als die KollegInnen von der SPD – allerdings keinen Raum, der Gleichstellungsbeauftragten zusätzlich auch Aufgaben aus dem Bereich „Integration“ zuzuordnen. Wir stellen daher einen eigenen Antrag, der wie folgt lautet:
Zur Einstellung einer hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten im Jahr 2015 werden 30.000,- Euro in den Haushalt eingestellt.
4. Die fehlende Leichtathletikanlage im Stadion
Die große Hoffnung, mit dem klugen Ratsbeschluss vom Februar 2012 auch der Leichtathletik eine Zukunft im Stadion geben zu können, ist dahin. Sie ist dahin, weil es dem Rat an Stehvermögen und Rückgrat gefehlt hat, als der BVC seine Jugendmannschaften im Ratssaal und auf der Straße aufmarschieren ließ und alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um einen Sportpark zu verhindern – Sie erinnern sich ...
Es war absolut falsch, sich eine wettkampftaugliche Typ-B-Anlage mit vorgeschobenen Gründen zugunsten einer Typ-C-Anlage um das Hauptspielfeld ausreden zu lassen - um dann schlussendlich bei dieser kümmerlichen „Ertüchtigung für den Schulsport“ zu landen. Was für eine Lachnummer! Ich sag nur: Als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.
Jetzt erleben wir, wie aus den Fraktionen Anträge kommen, um die verkorkste Situation noch irgendwie in den Griff zu kriegen: Die SPD beantragt 25.000,- Euro für die Planung einer Typ-B-Anlage irgendwo im Stadtgebiet und weitere 25.000,- Euro für die Planung eines Mehrgenerationenparks im südlichen Bereich des Stadions, die Zentrums-Gruppe erfreut uns mit dem Antrag, einen externen Gutachter mit der Suche nach möglichen Standorten für einen multifunktionalen Sport- und Freizeitpark inklusive Neubau des Schwimmbads zu beauftragen, die CDU beauftragt die Verwaltung, für 20.000,- Euro die Freizeitmöglichkeiten für Jugendliche im Südbereich zu prüfen und lässt sich von der UWG überzeugen, dass man zunächst erst einmal mit dem BVC reden muss, der Bürgermeister schreibt 18.000,- Euro für den Bau einer Beachsoccer- und Beachvolleyballanlage vor der alten Tribüne in den HH und weitere 60.000,- Euro, um eben diese Tribüne zu entwässern und mit frischer Farbe nett anzustreichen...
Alles gut gemeint – aber mit der Realisierung eines öffentlichen Sportparks mit Flächen für den Freizeitsport, mit einer attraktiven Fußball-Arena und einer wettkampftauglichen Leichtathletik-Anlage Typ-B hat das leider nichts zu tun. Und wer über den Neubau von Anlagen nachdenken lassen will, der muss unserer Ansicht nach zunächst einmal mögliche Betreiber vorweisen. Und die sehen wir nicht.
Für uns bleibt es dabei: Das Stadion ist und bleibt der richtige Standort für jegliche multifunktionale Nutzung. Vielleicht haben wir ja nach der Komnmunalwahl 2016 die Chance, mit neuen Mehrheiten im Rat den Reset-Knopf zu drücken und es mit einem Neustart zu versuchen. Bis dahin bleibt leider alles Stückwerk.
5. Der Ecopark
Den Ecopark sehen wir nach wie vor kritisch. Die über 6,6 Mio. Euro, die die Stadt bis zum Jahresende hinein gepumpt haben wird, stehen u.E. in keinem Verhältnis zum Ansiedlungserfolg von gerade mal 20 Firmen, von denen die wenigsten zur Gewerbesteuer veranlagt werden, und die teilweise nur aus anderen Gemeinden umgezogen sind. Gleichwohl möchte ich unsere Kritik nicht als Kritik an der guten Arbeit des Geschäftsführers Haring verstanden wissen.
Natürlich sehen wir, dass dieses große Gewerbegebiet mit seinen Möglichkeiten zur Ansiedlung von Unternehmen mit großem Flächenbedarf Chancen bietet, Firmen in der Region zu halten oder neue hier anzusiedeln. Und natürlich begrüßen wir es, wenn so Arbeitsplätze geschaffen werden. Aber man wird schon noch fragen dürfen, ob Aufwand und Ertrag noch irgendwie in einem vertretbaren Verhältnis zueinander stehen. Und da sind wir nach wie vor der Meinung, dass wir den Umfang der künftigen Entwicklungsplanung dringend zurückstutzen sollten. Man möge sich nur vergegenwärtigen, dass von der geplanten Gesamtfläche von 300 ha bislang lediglich 40 ha verkauft sind und weitere 40 ha sich in unserem Besitz befinden. Mehr als 2/3 der Flächen müssen also erst noch erworben, erschlossen und schließlich veräußert werden. Und wenn man weiß, dass diese Flächen zum dreifachen Bodenwert mit den Eigentümern getauscht werden, dann kann man erahnen, in welchen Größenordnungen hier Gewerbeflächen durch uns subventioniert werden … Für uns gilt auch hier das Wort des Bürgermeisters: wegen der Unsicherheiten in der kommunalen Einnahmestruktur müssen alle Leistungen auf ihre Notwenigkeit hin überprüft werden.
6. Verkehrspolitik
Wir bleiben auch bei unserer strikten Ablehnung der Mitgliedschaft der Stadt im Städtering Zwolle-Emsland, der sich für den Ausbau der B 213 zur Autobahn stark macht. Wir sind uns sicher: Diesen Ausbau wird es nie geben. Das Vorhaben wird im Bundesverkehrswegeplan als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ ausgewiesen und ist noch meilenweit vom "vordringlichen Bedarf" entfernt. Und wer die chronische Unterfinanzierung des BVWP kennt, der weiß, dass es Bundesmittel nicht geben wird. Derweil steigen die zu erwartenden Kosten. Mittlerweile sind sie von ursprünglich 220 auf 720 Mio. Euro gestiegen. Für die 84 km lange Ausbaustrecke müssen links und rechts 40 km neue Nebenstrecken gebaut werden, weil die bisherigen 125 Auffahrmöglichkeiten auf die Straße auf dann nur noch 20 Anschlussstellen reduziert werden. Was für ein Wahnsinn! Selbst die auf 6 Mio. Euro gedeckelten Planungskosten liegen mittlerweile schon bei 9,6 Mio.
Schwer vorstellbar, dass sich da private Investoren finden. Wir wollen nach wie vor eine schnelle Lösung zur Entlastung: Ein Durchfahrtverbot für Transit-Lkw. Das funktioniert. Auch wenn der LK aus durchsichtigen Gründen das Gegenteil behauptet.
Dass wir den Bau der Südtangente ablehnen, ist bekannt, dass wir den Aufbau eines
städtischen ÖPNV für unverzichtbar halten ebenfalls. Ich will das heute aber aus Zeitgründen nicht weiter ausführen. Das gilt auch für die Personalstelle, die nach wie vor dem in unseren Augen unausgegorenen Konzept „Schülercafé“ zur Verfügung gestellt wird. Nichts gegen Gelder für die Jugendarbeit, aber hier wird Geld verbrannt, dass an anderer Stelle dringend gebraucht würde.
Im übrigen halten wir die Erstellung eines neuen Einzelhandelsgutachtens für unverzichtbar und beantragen, wie auch die SPD, zu diesem Zweck 50.000,- in den Haushalt einzustellen.
Anrede,
bevor ich schließe, möchte ich mich beim Bürgermeister und Herrn Gentsch für die Hilfestellungen und Erläuterungen bedanken.
Gerne hätten wir diesem in großen Teilen soliden Haushalt unsere Zustimmung gegeben. Solange aber der Mut zur Gestaltung wichtiger Zukunftsaufgaben fehlt, solange können Sie auf uns nicht zählen.
Dieser Haushalt ist ein Dokument der verpassten Chancen, den wir ablehnen.
Michael Jäger
15. 12. 2015
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