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23.01.20 –
Anrede,
nach dem Nds Kommunalverfassungsrecht beschließt der Kreistag die grundlegenden Ziele seiner Entwicklung (§ 58 Abs. 1,1). Konkret sieht das so aus, dass im Haushaltsplan Handlungsziele formuliert werden, die in sogenannten Produkten festgelegt sind. Die Ziele sollten SMART sein, d.h. spezifisch (möglichst präzise und eindeutig formuliert), messbar (durch Kennzahlen), angemessen (mit gegebenen Mitteln erreichbar), realisierbar (im Einwirkungsbereich der handelnden Personen) und terminiert (Zeitvorgaben). In einem landeseinheitlichen Produktrahmen hat das Land dazu Produktbereiche und –gruppen mit Nummerierung verbindlich vorgegeben. In jedem Teilhaushalt sollen die wesentlichen Produkte mit den dazugehörigen Leistungen und die zu erreichenden Ziele mit den dazu geplanten Maßnahmen beschrieben sowie die Kennzahlen zur Zielerreichung bestimmt werden. Welche Produkte wesentlich sind und welche als weitere Produkte (ohne Zielformulierung) festgelegt werden, entscheidet der Kreistag. Wenn der outputorientierte (was soll erreicht werden?) Haushalt nach diesen Kriterien verabschiedet ist, hat die Verwaltung verbindliche Vorgaben für ihre Haushaltsführung. Damit wird der Haushaltsplan zum Hauptkontrakt in der Kommune. Die politische Steuerung wird noch ergänzt durch ein zwingend vorgeschriebenes Controlling und ein unterjähriges Berichtswesen (haben wir als Kreistagsabgeordnete noch nie gesehen).
Im Haushaltsplan 2020 gibt es 36 wesentliche Produkte und ca. 116 weitere Produkte. Das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises schreibt dazu in seiner Prüfung des Jahresabschlusses 2018: „Grundsätzlich ist zu beachten, dass Produkte dann als wesentlich bestimmt werden können, wenn sie von finanzieller oder kommunalpolitischer Bedeutung sind. Ihnen allen gemeinsam ist, dass sie mit den dazugehörigen Leistungen zu beschreiben sind und die zu erreichenden Ziele mit den dazu geplanten Maßnahmen sowie Kennzahlen zur Zielerreichung bestimmt werden sollen. Da die wesentlichen Produkte vom Kreisausschuss bereits im Jahr 2009 festgelegt wurden, regt das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Cloppenburg an, diese im Hinblick auf die Feststellung der Erfüllung der o.g. Voraussetzungen sowie insbesondere auch hinsichtlich der Bestimmung der aktuell zu erreichenden Ziele zu überarbeiten“. Mit anderen Worten: die Ziele unseres Haushaltes sind veraltet.
Traditionell finden die Haushaltsplanberatungen in unserem Kreistag ausschließlich in den Fraktionen oder Gruppen statt. Einen Austausch zwischen diesen Gruppen gibt es nicht. In den Fraktionssitzungen stellt die Verwaltung den Haushalt vor und beantwortet Fragen. Unserer Meinung nach ist das aber erst die erste Stufe der Haushaltsplanberatungen. Die gemeinsame Beratung und Diskussion von Fragen und Zielen sollte in den Ausschüssen erfolgen. In den Fachausschüssen gab es keine Haushaltsplanberatungen. Nur im Kreisausschuss stand das Thema Haushaltsplanberatung auf der Tagesordnung. Dort sind unsere Vorschläge zur Ergänzung der fehlenden Kennzahlen auf wenig Resonanz gestoßen. Bei folgenden Produkten fehlen die Kennzahlen: Kreisorgane, Veterinärwesen, Fleischhygiene, Gymnasien, Förderschulen, Schülerbeförderung, Förderung des Sports, ÖPNV, Tageseinrichtungen für Kinder, Gesundheitsaufsicht, Gesundheitspflege, Genehmigungsverfahren, Immissionsschutz, Heimat und Kulturpflege, Naturschutz und Landschaftspflege und Abwasserbeseitigung. Auch haben wir Vorschläge zur Überprüfung der wesentlichen Produkte eingebracht. Im Haushalt der Stadt Cloppenburg gibt es ein Produkt „Umweltschutzmaßnahmen und Klimaschutz“. Solch ein Produkt vermisse ich z.B. im Haushalt des Landkreises.
Ich möchte das Gesagte an einem Beispiel erläutern: Im Produkt Kreisorgane (P1.111000) wird als Ziel formuliert: „Förderung des Images des Landkreises“. Es fehlt allerdings eine Kennzahl, die vorgibt, mit welchen Mitteln wir das Ziel erreichen wollen und wie der Fortschritt messbar gemacht werden soll. In meiner letzten Haushaltsrede habe ich die Männerdominanz dieses Kreistages und der Kreisverwaltungsspitze beklagt. „Der Landrat lächelt oft gut gelaunt in die Kameras der Presse. Und wer ist jeweils mit ihm auf den Fotos? Nach meinem Gefühl sind es überwiegend Männer“. Zur Überprüfung des Gefühls habe ich im letzten Jahr entsprechende Fotos gesammelt. Aus den Nachrichten OM und einer Tageszeitung kamen 46 Fotos zusammen. Ich habe gezählt, wieviele weibliche und wieviele männliche Personen mit dem Landrat abgebildet wurden. Auf 21 Fotos gab es ausschließlich Männer, auf 20 weiteren eine Männermehrheit. In Prozent: 89% Männer, 11% Frauen und Parität. (weitere Details in einer Anlage) Diese Männerdominanz halte ich nicht förderlich für das Image des Landkreises. In einer Kennzahl könnte formuliert werden: mehr Frauen in der Öffentlichkeitsarbeit sichtbar machen durch Erhöhung der Frauenquote auf 50%.
Neben den verfahrenstechnischen Mängeln lehnen wir inhaltlich einige Investitionen dieses Haushaltes ab, allen voran der sich ins Bodenlose steigende Anstieg der Planungs- und Grunderwerbskosten für die E 233, das Lebensmitteltechnikum, den Schießstand Ahlhorn, das kulturanthropologische Institut, die Stiftungsprofessur und die Kunstrasenförderung. Auf der anderen Seite fehlen Gelder für mehr Klimaschutz und den sozialen Wohnungsbau. Da es keinen Gleichschritt zum Abbau der Schulden zwischen dem Landkreis und den Gemeinden gibt, plädieren wir für eine Senkung der Kreisumlage um 4 Punkte.
Unserer Meinung nach wird zu viel Geld für das Falsche ausgegeben. Da der Haushalt den Herausforderungen für eine Zukunftsentwicklung des Landkreises wie z.B. dem Klimaschutz, der Begrenzung des Flächenverbrauchs, der Verkehrs- und Agrarwende und dem sozialen Zusammenhalt nicht gerecht wird, lehnen wir den Haushalt ab.
Anlage:
Anträge zum sozialen Wohnungsbau, zum Ausstieg aus der Planung für die E 233 und zur Senkung der Kreisumlage.
Dr. Irmtraud Kannen
Kreistagssitzung am 16.1.2020
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